NF Konferenz in Brüssel
Anna Buchgeher & Lena Fichtinger vom psychologischen Team des NF Kinder Expertisezentrums waren vor Ort und haben für uns die psychosozialen Beiträge der globalen NF Konferenz in einem Bericht zusammengefasst:
Transition von Menschen mit NF:
Bei dem Transition-Vortrag von Rosalie Ferner und einer „Case-based discussion“ wurde mehrmals auf die Wichtigkeit des frühen Beginns des Transitionsprozesses hingewiesen. So empfiehlt es sich, bereits ab dem frühen Jugendalter (12-14 Jahre) die Jugendlichen darauf vorzubereiten. Aus Erfahrung benötigt die Transition viel Zeit und stellt sich als kontinuierlicher und zielgerichteter Prozess dar. Insgesamt umfasst der Transitionsprozess medizinische und psychosoziale (z.B. Psychologie, Soziale Arbeit, Pädagogik) Aspekte, die eine entsprechende Betreuung in diesen Disziplinen erforderlich machen. Es wurde z.B. wiederholt betont, dass die Autonomie der Jugendlichen früh gestärkt werden soll, indem die Betroffenen mehr über ihre Erkrankung und die damit einhergehenden routinemäßigen Untersuchungen aufgeklärt werden. Dabei ist es wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse und die individuelle Situation der Jugendlichen einzugehen und ihnen notwendige Fähigkeiten zu vermitteln, um selbständig mit der Erkrankung umgehen zu können (z.B. Arztbriefe lesen können). Schließlich wurde verstärkt auf die Wichtigkeit des Austausches zwischen dem Gesundheitspersonal des Kindes- und Erwachsenenalters hingewiesen. Nachdem die Familien häufig jahrelang Erfahrungen an Kinder- und Jugendeinrichtungen gemacht haben und daher an das Betreuungsteam gewöhnt sind, ist eine Begleitung durch das Personal an die Erwachsenenabteilung von Bedeutung. Es sollte sichergestellt werden, dass schlussendlich tatsächlich eine Anbindung an die entsprechende Versorgungsstelle erreicht wird.
Resilienz:
Bei dem Vortrag von Abby Rosenberg wurde zunächst auf die Arten der Resilienz-Ressourcen eingegangen. Diese bestehen aus 1) externen Ressourcen (z.B. soziales Netzwerk), 2) internalen Ressourcen (z.B. Persönlichkeit, erlernte Fähigkeiten, mit Belastungen umzugehen) und 3) existenziellen Ressourcen (z.B. Glaube, Spiritualität). Darauf basierend wurde eine von Abby Rosenberg und ihrem Team entwickelte Behandlungsintervention vorgestellt. Das PRISM-Tool (Promoting Resilience and Stress Management) ist eine Smartphone-App, die für Jugendliche und junge Erwachsene mit schweren körperlichen Erkrankungen entwickelt wurde. Diese soll nachweislich die krankheitsbedingten Belastungen (z.B. Stress und Sorgen) reduzieren sowie die Lebensqualität und Resilienz stärken. Darüber hinaus wurden von Abby Rosenberg fünf Erfahrungswerte, die im Laufe der Jahre gesammelt wurden, vorgestellt. Diese beinhalten unter anderem, dass Resilienz einen Prozess darstellt und dass es von Individuum zu Individuum unterschiedliche Ressourcen gibt. Schließlich wurde auf die Bedeutung der Unsicherheit, die meistens mit chronischen Erkrankungen (z.B. NF) einhergeht, eingegangen. Es ist daher in der Versorgung der Betroffenen wichtig, diese aufzugreifen, aber sich gleichzeitig darauf zu fokussieren, was die Betroffenen im Hier und Jetzt kontrollieren und tun können.
Schlaf, Aufmerksamkeit und Lernschwierigkeiten bei NF1:
Karin Walsh beschäftigte sich mit dem Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeits- und Lernschwierigkeiten und Schlafproblemen bei Kindern mit NF1. In der Studie wurden insgesamt 229 Kinder und Jugendliche mittels Fragebögen untersucht. Dabei wurde herausgefunden, dass 43% der Betroffenen klinisch relevante Schlafprobleme aufwiesen. Weiters resultierte auf Basis der Elternangaben bei 41% der Stichprobe eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS), bei 28% eine Lernstörung, bei 30% eine Angststörung und bei 26% eine Depression. Das höchste Risiko für Schlafstörungen war bei jenen Kindern und Jugendlichen festzustellen, die komorbid eine ADHS-Symptomatik und/oder Lernstörung aufwiesen. Die Ergebnisse weisen insgesamt darauf hin, dass es in der klinischen Versorgung wichtig ist, den Schlaf der Betroffenen zu thematisieren, insbesondere bei Kindern mit NF1 und ADHS.
Bildgebende Verfahren in der Beurteilung von kognitiven, motorischen und verhaltensbezogenen Auffälligkeiten:
Lindsey Aschbacher-Smith teilte in ihrem Vortrag erste Ergebnisse in Bezug auf den Einsatz bildgebender Verfahren (z.B. Magnetresonanzspektroskopie) in der Beurteilung von kognitiven, motorischen und verhaltensbezogenen Auffälligkeiten mit. Insgesamt scheinen diese eine mögliche Ergänzung in der Beurteilung dieser Auffälligkeiten darzustellen. Dabei wurde jedoch darauf hingewiesen, dass weiterhin der Einsatz von psychometrischen Verfahren (z.B. neuropsychologische Tests und Fragebögen) Priorität einnimmt.
Reproduktion bei Erwachsenen mit NF:
Jane Flemming berichtete in ihrem Vortrag, dass viele Personen mit NF berichten, keine (ausreichende) Aufklärung bezüglich der Familienplanung zu erhalten. Bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich Familienplanung wurden vielfältige Sorgen von den Betroffenen berichtet. Dabei stehen unter anderem Sorgen um die eigene körperliche sowie mentale Gesundheit, Sorgen um die Weitergabe der Erkrankung sowie Kosten einer künstlichen Befruchtung und Sorgen um die zukünftige Gesundheit des Kindes im Vordergrund. Zur Unterstützung der Entscheidungsfindung bedarf es z.B. einer entsprechenden Aufklärung und psychologischen Unterstützung im Zuge des Transitionsprozesses.